Eine Extrawurst für den muslimischen Vereinskollegen?
– die Frage nach der Akzeptanz von Fremden und der eigenen Toleranzgrenze im ersten Stück des Theaterabos 23/24: Jacobs „Extrawurst“

Der Auftakt des diesjährigen Theaterabonnements unserer Schule, organisiert von Frau Balling, fand am 19.10.2023 mit der Aufführung des modernen Stücks „Extrawurst“ statt. In diese Komödie von Dietmar Jacobs und Moritz Netenjakob gingen die meisten Theaterbesucherinnen und -besucher von uns wohl mit eher niedrigen Erwartungen: eine einfache Komödie ohne tieferen Sinn. Am Ende des Abends kamen jedoch alle positiv überrascht und auch etwas nachdenklich aus dem Theater. Denn aus der scheinbar typischen Jahreshauptversammlung eines Tennisvereins entwickelte sich in dem Stück schnell ein hitziger Konflikt, der den Nerv der Zeit genau trifft. Soll ein zweiter Grill für Erol, das einzige muslimische Mitglied des Vereins, und seine Familie angeschafft werden? Denn Erol darf nichts essen, was mit Schweinefleisch in Berührung kam, und ist daher beim gemeinschaftlichen Grillen der Sportkameraden bisher immer ausgeschlossen gewesen. So entspann sich eine Diskussion rund um die Themen „Religion“, „Unterstützung beziehungsweise Unterdrückung von Minderheiten“ und „Toleranz“. Es war erstaunlich für uns zu sehen, wie diese scheinbar einfache Frage nach einer zweiten Grillstelle den gesamten Verein spaltete und in allen Charakteren ganz unerwartete, teilweise sogar gewalttätige Seiten hervorrief. Trotz dieses ernsten Themas war die Inszenierung keinesfalls trocken oder langweilig. Die Schauspieler verkörperten ihre Rollen unserer Meinung nach außerordentlich gut, waren schon vor Beginn des Stückes in ihren Rollen, sprachen so die Theatergäste bereits im Foyer an und saßen auch mitten im Publikum. So waren wir Zuschauer tatsächlich mittendrin in der Diskussion um den Umgang mit dem Fremden in Deutschland und damit gefühlt mehr als nur „Zuschauer“. Die pointenreichen Texte sorgten immer wieder für Lacher, die sowohl auf die Kosten des eher konservativen als auch auf die des progressiveren Publikums gingen. Nicht nur der Humor der Dialoge, die direkt im Zuschauerraum ausgetragen wurden, sorgten dafür, dass die Zuschauer sich eingebunden fühlten. Sie wurden immer wieder angesprochen, um ihre Meinung gefragt und am Ende wurde sogar – wie in einer echten Vereinssitzung – unter allen Anwesenden abgestimmt, ob der zweite Grill für Erol nun gekauft werden solle oder nicht. Der Eindruck einer authentischen Jahreshauptversammlung wurde zusätzlich vom realistisch gestaltenten Bühnenbild von Helge Ullmann und der Tatsache, dass der Großteil der Schauspieler bereits vor Beginn der Komödie im Publikum positioniert war, unterstützt.
Der einzige Kritikpunkt an diesem interessanten und kurzweiligen Stück ist unserer Meinung nach die immer wieder aufgekommene Gleichsetzung der Begriffe „Türke“ und „Muslim“, die den Eindruck erweckte, dass alle Türken zwangsläufig auch dem Islam angehören beziehungsweise alle Muslime eine türkische Abstammung besitzen. Dieser Aspekt erscheint zuerst unbedeutend, hätte aber gerade im Zusammenhang mit dem Thema dieser Aufführung umgangen werden sollen. Ungeachtet dessen bereitete unser erster Theaterabend einen tollen Einstieg in die Spielzeit, der definitiv Lust auf die nächste Aufführung im Februar macht.

(Marie Elsner und Isabel Memmel, 11b)

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